Festliche Verleihung der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2020

Für Otfried Nassauer (verstorben am 1. Oktober 2020) an Christa Sommerauer und Gunhild Nassauer

Das Kuratorium der Internationalen Liga für Menschenrechte e.V. hat in seiner Sitzung vom 27. September beschlossen, Otfried Nassauer für sein jahrzehntelanges herausragendes Engagement für den Frieden und das Menschenrecht auf Leben mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2020 auszuzeichnen.

Der 1956 in Siegen geborene Otfried Nassauer setzte sich nach seinem Theologiestudium ab den 80er Jahren als freier Journalist, Wissenschaftler und Berater für Aufklärung und Wissen zu Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie Rüstungsexporten und etlichen anderen friedenspolitischen Themen ein. Otfried Nassauer gründete 1991 mit Friedensforschern aus der Bundesrepublik und der ehemaligen DDR das „Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit“. Unter seiner Leitung entwickelte sich das BITS zu einer zentralen, unabhängigen Einrichtung der Friedens- und Konfliktforschung, die sich der Recherche, der Information und Aufklärung von Medien, Nichtregierungsorganisationen sowie politischen Entscheiderinnen und Entscheidern verschrieben hat. Fachleute und Interessierte schätzten das BITS von Beginn an als Informationsquelle breiter Expertise, profunden Detailwissens auf der Basis eines überbordenden Archivs zu sicherheits- und rüstungspolitischen Fragestellungen. Dabei beruhte die Arbeit des BITS seit seiner Gründung maßgeblich auf dem ehrenamtlichen Engagement Otfried Nassauers, der seine Erkenntnisse stets uneigennützig teilte.Am 30. September 2020 übermittelte der Ligavorstand Otfried Nassauer telefonisch die Nachricht von seiner Auszeichnung mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2020. Erfreut und sehr gerne nahm er zu Beginn eines längeren Gesprächs die ihm zugedachte Ehrung an. Am folgenden Tag, am 1. Oktober, verstarb er völlig unerwartet und hinterließ bei allen, die ihn und seine Arbeit zu schätzen wissen - und nicht zuletzt bei der Liga - große Betroffenheit und Trauer.

In dieser Situation beschloss der Ligavorstand im Einvernehmen mit dem Kuratorium, die Ehrung für Otfried Nassauer auf den 12. Dezember 2021 zu verschieben. Sehr dankbar ist die Liga Otfried Nassauers Lebensgefährtin Christa Sommerauer und seiner Schwester Gunhild Nassauer für ihre Bereitschaft, die Medaille an seiner Stelle entgegenzunehmen.

Die Einführungsrede wird der Physiker Götz Neuneck zum Thema "Herausforderungen für Sicherheit und Frieden - Wo bleibt der Wandel durch Annäherung?“ halten. Er ist Mitglied des Councils der Pugwash Conferences on Science and World Affairs, die „für ihre Anstrengungen, die Rolle von Atomwaffen in der internationalen Politik zu verringern“, 1995 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurden. Von 2008-2019 war Götz Neuneck stellvertretender wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) und Professor an der MIN-Fakultät der Universität Hamburg.

Alexander Lurz wird die Laudatio auf Otfried Nassauer halten. Nach seinem Studium der Neueren und Neuesten Geschichte und Politikwissenschaft arbeitete er vier Jahre als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit zu verschiedenen Themen der Außen- und Sicherheitspolitik, unter anderem zum Beschaffungswesen der Bundeswehr, der deutschen Rüstungsexportpolitik und der nuklearen Proliferation. Seit 2018 ist Alexander Lurz als Experte für den Bereich Frieden und Abrüstung bei Greenpeace tätig.

Der syrische Musiker, Komponist und Menschenrechtler Wassim Mukdad wird die Verleihung mit seiner Oud (arabische Laute) musikalisch begleiten. Er studierte an der Hochschule für Musik in Damaskus und vereint mehrere Genres des Nahen Ostens mit Elementen aus anderen musikalischen Kulturen. Wassim Mukdad nutzt die Musik, Menschen verschiedener kultureller und sprachlicher Herkunft miteinander zu verbinden. Unterstützt durch UNRWA, UNICEF u.a. führte er als Experte für psychosoziale Probleme vor allem durch Chorarbeit vertriebene und traumatisierte palästinensische, irakische und syrische Kinder zusammen. Er setzt diese Tätigkeit auch in Deutschland fort, stets mit dem Ziel, die Grenzen zwischen den Kulturen zu öffnen und sich in Zeiten von Krieg für den Frieden einzusetzen.

Eine enge Verbindung und Zusammenarbeit des GRIPS Theaters mit der Liga reicht weit in die Vergangenheit. 1994 zeichnete die Liga den GRIPS Theaterbegründer Volker Ludwig und das GRIPS „für das erzieherische und künstlerische Engagement des Ensembles und die Stellungnahmen gegen fremdenfeindliche, rassistische und nationalistische Strömungen“ mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille aus. Als Experte für das Kampagnentheater und für die Vermittlung von Kinder- und Menschenrechten im theatralen Kontext übernahm Philipp Harpain im September 2017 die Leitung des Hauses.

Die Carl-von-Ossietzky-Medaille wird von der Liga seit 1962 verliehen https://ilmr.de/verleihungen-carl-von-ossietzky-medaille. Ausgezeichnet werden Personen oder Gruppen, die sich durch Zivilcourage und herausragendes Engagement für die Verwirklichung, Verteidigung und Erweiterung der Menschenrechte und des Friedens verdient gemacht haben.

Kontakt
Knut Albrecht, Liga-Vorstandsmitglied knut.albrecht(at)ilmr.de
Ingo Stock, Liga-Koordinator ingo.stock(at)ilmr.de

 

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